Wie heissen die Einwohner von Greifensee? Sagt man der Greifenseer, die Greifenseerin oder der Greifenseemer, die Greifenseemerin?
Antwort: Die –(e)mer-Einwohnerbezeichnungen kommen im Alemannischen öfters vor, neben Greifenseemer etwa noch in Ustermer, Schlieremer, Seemer (Winterthur-Seen), Meilemer. In historischen Dokumenten finden sich Beispiele etwa auch für Basel, so hiess das (innere) Aeschentor in Basel im Mittelalter Eschmertor, Eschemertor.
Heute kommt –(e)mer bei solchen Ortsnamen zum Einsatz, wo aus lautlichen Gründen eine einfache –er-Endung nicht passen würde. Das Anfügen von –er (wie in Zürich – Zürcher oder Egg – Egger) würde bei Ortsnamen, die auf einen Vokal (See-e, Schliere, Meile) oder auf –er (Uster) enden, zu kuriosen Formen wie Seeer, Schlierer oder Usterer führen. Dies vermeidet man, indem man auf die –(e)mer-Endung ausweicht.
Nach dieser Logik wäre also der Greifenseemer, die Greifenseemerin korrekt und es sind vermutlich auch diese Ausdrücke, die von den Einwohnern von Greifensee selber am meisten gebraucht werden. (Man müsste dies allerdings vor Ort bei Sprechern des traditionellen Ortsdialekts überprüfen, um es mit Sicherheit sagen zu können).
Was die Herkunft von –(e)mer angeht, gibt es verschiedene Möglichkeiten. In einigen Namen steckt wohl ein älterer Siedlungsname, der mit -heim zusammengesetzt ist, z.B. bei Arlisemer (Einwohner von Arlesheim). Es hiess also zuerst Arlesheimer, was dann im Verlauf der Zeit zu Arlisemer abgeschliffen wurde. Nach diesem Muster konnten später weitere Namen mit –(e)mer gebildet werden. In anderen Fällen steckt im Namen vielleicht ein althochdeutsches Wort wer m. ‘Mann’, wobei sich das w– zu einem m– verändert hätte. Die Sprachforscher sind sich noch nicht überall einig, welche Erklärung jeweils am ehesten zutrifft
Genaueres kann in folgender Fachpublikation nachgelesen werden:
Graf, Martin Hannes / Siegfried, Inga (2017): „Die Herausbildung und Verwendung des eigennamenspezifischen Suffixes –(e)mer im Alemannischen“. In: Beiträge zur Namenforschung 52 (4), S. 431 – 448.