Monatsarchive: Mai, 2021

Auskunft Nr. 2021-3: Zwei Vogelnamen

Meine Mutter, aufgewachsen im Aargau/Freiamt, lebte jahrzehntelang in Zürich, und übernahm auch den hiesigen Dialekt. Doch immer, wenn sie eine Schar von Meisen, Buchfinken oder ähnlichen kleinen Vögeln sah (ich weiss nicht mehr, ob auch bei Spatzen, die man in der Stadt zwar sehr wohl kannte und von andern unterscheiden konnte), entrutschte ihr der Ausdruck Gálämätzli und Póppechläämli.
Das habe sie als Kind von ihren Eltern gehört.
Welche Vogelarten sind damit gemeint, und woher stammen die Ausdrücke?
Sie selber konnte mir das nicht erklären und/oder übersetzen.

– J. Z.

Antwort der Sprachstelle:

Den Namen Gálämätzli glauben wir identifizieren zu können als Gääl-Emmerize, zum Vogelnamen schweizerdeutsch Ammeriz, Ammerizli, Emmerize = neuhochdeutsch Ammer, lateinisch emberiza (Idiotikon, Band 1, Sp. 218). Speziell für den Kanton Aargau (Baderbiet) weist das Idiotikon die Form Gäälämerze (f.) nach, die ja relativ gut zur angegebenen Lautung passt, einfach noch mit Ausfall des –r-. Wörtlich ist es also eine „Gelb-Ammer“. Vielleicht ist damit die Goldammer gemeint.

Beim zweiten Wort handelt es sich wohl um den Vogelnamen Bopperchlään, auch Poppe(n)chlään (Schweizerisches Idiotikon, Band 3, Sp. 650) in der Verkleinerungsform. Mit diesem Namen scheinen früher verschiedene Vögel bezeichnet worden zu sein. Beim Idiotikon sind als Bedeutungen unter anderem ‚Blauspecht‘, ‚Kleiber‘ und ‚Baumläufer‘ angegeben. Der zweite Bestandteil des Wortes erklärt sich wohl vom Verb mittelhochdeutsch klenen, althochdeutsch chlenen ‚kleben‘ oder vom Verb chlääne, chlööne ‚klagen‘.

(L. Thöny, für die Sprachstelle des Vereins Mundartforum)

Auskunft Nr. 2021-2: Bedeutung von Umues

Von älteren Verwandten kenne ich das Wort Umues in der Bedeutung ‚Ärger, Problem, Schwierigkeit‘: das isch es Umues gsi geschter o.ä. Das Wort ist erstbetont (Úmues); U- steht wohl für hochdeutsch un-.

H. B. aus Winterthur

Antwort der Sprachstelle:

Dieses Wort gibt es tatsächlich im Schweizerdeutschen und es ist im Idiotikon zu finden unter Unmues(s) (Band 4, Spalte 497f.). Das Wort scheint in älterer Zeit im Schweizerdeutschen verbreitet gewesen zu sein und lässt sich unter anderem für die Kantone Bern, Basel, Graubünden, Zürich, Luzern, St. Gallen und Appenzell belegen. Es kommt in verschiedenen Lautvarianten vor: Umues(s), Oonues, Unnemuess (letzeres in Basel). Als Bedeutung gibt das Idiotikon an: „1. Mangel an Musse, infolge Überhäufung mit anderen Geschäften, 2. Geschäfte, Mühe, Plage“.

Das Wort existierte übrigens schon im Mittelhochdeutschen und lautete dort unmuoze f. „Unruhe, Mangel an Zeit, Geschäftigkeit“.

(Dr. phil. Luzius Thöny)